Zunächst … wogegen überhaupt?
Der Landtag NRW hat heute eine neue Geschäftsordnung beschlossen.
Und warum hätte, hätte, Fahrradkette?
Weil ich zum Zeitpunkt der Abstimmung die Sitzungsleitung inne hatte und der Sitzungsvorstand bei normalen, offenen Abstimmungen nicht mitstimmt.
Was war geschehen?
Schon kurz nach unserem Einzug in den Landtag gründete sich eine Arbeitsgruppe zur Novellierung der Geschäftsordnung des Landtags NRW. Nun kann man spekulieren, ob diese Gruppe ohne uns je existiert hätte. Man kann auch darüber sinnieren, ob die Gruppe dazu diente, uns etwas zu “zwingen” in GO-Fragen die Füße still zu halten. Vielleicht wollten aber auch alle nur das Beste und am Ende eine bessere GO erarbeitet haben. All das spielt aber in der Betrachtung hierzu nur eine untergeordnete Rolle.
Michele und Moni wurden in die Arbeitsgruppe entsandt. Erste Ergebnisse wurden im Frühjahr präsentiert:
- als Kompromiss zu unserem Bestreben eine “echte” Mittagspause einzuführen, wurde eine abstimmungsfreie Mittagszeit probeweise eingeführt
- zur Belebung der parlamenarischen Debatte wurde die sogenannte “Kurzintervention” eingeführt.
Ersteres hat sich aus Sicht der anderen Fraktionen nicht bewährt. Die abstimmungsfreie Zeit führte dazu, dass ein Großteil der Abgeordneten zu dieser Zeit halt Mittagspause machten. Der Plenarsaal war häufig nur noch mit 20 Abgeordneten besetzt. Jetzt würde ich daraus schließen: Klasse! Die Mittagspause ist offenbar gewünscht, also lass uns eine richtige einführen. Denkste. Die anderen Fraktionen finden das doof. Je weniger Plenartage, desto besser. Lieber zwei Tage durchgehend von 10 bis 22 Uhr als drei Tage von 10 bis 19 Uhr mit einstündiger Mittagspause. Versteckt wird sich dann noch hinter Aussagen wie “wie sollen denn in einer Stunde 237 Abgeordnete zu Mittag essen” … mal den Caterer fragen? Naja .. nu gibts wichtigeres als die Mittagspause. Zum Beispiel die Entzerrung der Plenartage …
Das Mittel der Kurzintervention hat sich übrigens bewährt. Bewährt heißt in dem Fall: Wird nicht so oft genutzt. Kostet nicht so viel Zeit. Gut. Ich find’s übrigens wirklich gut und bin der Meinung, dass wir dieses Instrument viel häufiger einsetzen sollten.
Fertige GO dann kurz vor der Sommerpause
Wenige Wochen vor der Sommerpause hat die Arbeitsgruppe dann ihre Arbeit erledigt. Die neue GO wurde den Fraktionen zur Verfügung gestellt. Leider haben wir das in der Fraktion nur sehr grob diskutiert. Irgendwie war mir auch nicht bewusst, dass wir wenige Wochen später gemeinsamer Antragsteller sein werden.
Ich habe am Dienstag in der Fraktionssitzung mich bereits klar dazu geäußert: Aus meiner Sicht wäre hier ein Änderungsantrag an dem gemeinsamen GO-Entwurf erforderlich gewesen. Mit den Punkten, die in der GO-Arbeitsgruppe abgelehnt wurden, die uns aber wichtig sind. Beispielhaft möchte ich Folgende benennen:
Streaming aller öffentlichen Sitzungen des Landtags.
Das Streaming aller öffentlichen Sitzungen des Landtags ist eines der Ziele der Piraten im Rahmen von Transparenzforderungen. Es mag unrealistisch sein, dass ab sofort alle Sitzungen gestreamt werden (dafür muss schließlich auch eine entsprechende Infrastruktur her), aber man hätte zumindest die Möglichkeit bekunden können. Eine Ergänzung wie “Ausschusssitzungen können auf Antrag einer Fraktion online übertragen werden” hätte vielleicht schon als erster Schritt gereicht… nur mal auf die Schnelle gedacht.
Elektronische Abstimmungen im Plenarsaal
Auch diese Forderung geht auf unsere Transparenz-Forderung zurück. Es ist politisches Ziel, dass das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten transparent gemacht wird. Projekte wie die WDR-Landtagslupe bzw. Abgeordnetenwatch zeigen, dass Nachvollziehbarkeit ein wichtiges Ziel ist. Bislang kann das individuelle Abstimmungsverhalten nur bei Namentlichen Abstimmungen dargestellt werden – das ist allerdings die Ausnahme!
Konsequenterweise sollten wir unsere eigenen Anträge immer namentlich abstimmen lassen.
Feste Regelungen über Protokollierungen
Vorweg: Die Landtagsverwaltung tut alles, um eine bestmögliche Protokollierung zu gewährleisten. Bei Plenarsitzungen funktioniert das gut. Die entsprechenden Protokolle sind am nächsten Tag verfügbar. In den Ausschüssen stellt sich die Situation allerdings anders dar. Es ist keine Besonderheit, dass auf Ausschussprotokolle mehrere Wochen zu warten ist.
Eine schnellere Protokollierung kostet Geld. Eine verbindliche Regelung in der GO wäre wünschenswert, damit die finanziellen Mittel im Haushalt dann auch bereitgestellt werden müssen.
Starre Regelungen bei Kleinen Anfragen aufheben
Wir haben Änderungen angeregt, die bisherigen starren Regelungen bewirken letztlich nur, dass viele Kettenanfragen gestellt werden. Was bringt das außer Mehrarbeit an allen Ecken und Enden?
Belebung der Fragestunde
Die Fragestunde im Landtag, die sogenannten “Witzel-Show” ist eigentlich ein sehr spannendes Instrument. Leider wird sie in der Regel derart missbraucht, dass die erlaubten drei Nachfragen durch Verteilen weiterer, kleinlichst genau ausgearbeiteter Detailfragen an Fraktionskollegen verteilt werden. Wenn dann eine halbe Stunde etwa über im Endeffekt eine Frage geredet wird, ist das keine Belebung mehr sondern langweilig. Weniger Nachfragen, mehr Hauptfragen und vor allem die verpflichtende Anwesenheit der gesamten Landesregierung könnten da einen gangbaren Weg zeichnen.
Es gab und gibt viele weitere Vorschläge, die in den Beratungsprozess eingebracht wurden. Wie oben bereits geschrieben: Konsequent wäre gewesen, dem Antrag nicht beizutreten und einen Änderungsantrag vorzulegen. Genau dieser Änderungsantrag hätte mich übrigens dazu gebracht, die GO nicht abzulehnen, sondern zuzustimmen. Warum es heute keinen Änderungsantrag oder zumindest einen Entschließungsantrag gab? Michele ist der Meinung, dass die zugesagte Fortsetzung der “Arbeitsgruppe GO” ausreichend ist. Der Beschluss vom Dienstag war aus meiner Sicht ein Anderer. Whatever. Mit dem Ding müssen wir nun erstmal leben. Die Geschäftsordnung hat Verbesserungen erfahren. Viele Punkt sind nun besser dargestellt und klarer geregelt. Viele Anhänge zur Geschäftsordnung sind nun fester Bestandteil der GO. Das ist gut … aber bei weitem nicht genug!
Mir ist klar, dass wir als kleinste Oppositionsfraktion nur selten Anträge durchbekommen. Darum geht es in erster Linie aber auch nicht. Unsere Pflicht ist aber, zumindest unsere Sichtweisen, unser Programm und unseren Politikstil in die Debatte einzubringen. Wir müssen darstellen, worum es uns geht. Warum stimmen wir einer Sache zu? Warum lehnen wir etwas ab? Wie ist unsere Meinung? Geht unsere Meinung vielleicht weiter als der angenommene Antrag? Uns muss es gelingen, diese Fragen bei jeder Debatte im Landtag zu beantworten.
Nico Kern hat vor der Abstimmung eine Erklärung zu seinem Abstimmungsverhalten abgegeben, der ich im Großen und Ganzen zustimme. Ebenso hat Michele eine Erklärung zu Protokoll gegeben, der ich auch in wesentlichen Punkten zustimme.Ich hätte mir allerdings eine Erklärung stellvertretend für meine Fraktion zu diesem Thema gewünscht. Die Schlussfolgerung aus der GO-Arbeitsgruppe wäre für mich: Es sind längst nicht alle Themen beackert, alle Wünsche ausreichend diskutiert – also war der gestrige Beschluss einfach zu früh.
Im Übrigen hat auch mein Kollege Daniel Schwerd zu diesem Thema heute gebloggt.
Zunächst … wogegen überhaupt?
Der Landtag NRW hat heute eine neue Geschäftsordnung beschlossen.
Und warum hätte, hätte, Fahrradkette?
Weil ich zum Zeitpunkt der Abstimmung die Sitzungsleitung inne hatte und der Sitzungsvorstand bei normalen, offenen Abstimmungen nicht mitstimmt.
Was war geschehen?
Schon kurz nach unserem Einzug in den Landtag gründete sich eine Arbeitsgruppe zur Novellierung der Geschäftsordnung des Landtags NRW. Nun kann man spekulieren, ob diese Gruppe ohne uns je existiert hätte. Man kann auch darüber sinnieren, ob die Gruppe dazu diente, uns etwas zu “zwingen” in GO-Fragen die Füße still zu halten. Vielleicht wollten aber auch alle nur das Beste und am Ende eine bessere GO erarbeitet haben. All das spielt aber in der Betrachtung hierzu nur eine untergeordnete Rolle.
Michele und Moni wurden in die Arbeitsgruppe entsandt. Erste Ergebnisse wurden im Frühjahr präsentiert:
Ersteres hat sich aus Sicht der anderen Fraktionen nicht bewährt. Die abstimmungsfreie Zeit führte dazu, dass ein Großteil der Abgeordneten zu dieser Zeit halt Mittagspause machten. Der Plenarsaal war häufig nur noch mit 20 Abgeordneten besetzt. Jetzt würde ich daraus schließen: Klasse! Die Mittagspause ist offenbar gewünscht, also lass uns eine richtige einführen. Denkste. Die anderen Fraktionen finden das doof. Je weniger Plenartage, desto besser. Lieber zwei Tage durchgehend von 10 bis 22 Uhr als drei Tage von 10 bis 19 Uhr mit einstündiger Mittagspause. Versteckt wird sich dann noch hinter Aussagen wie “wie sollen denn in einer Stunde 237 Abgeordnete zu Mittag essen” … mal den Caterer fragen? Naja .. nu gibts wichtigeres als die Mittagspause. Zum Beispiel die Entzerrung der Plenartage …
Das Mittel der Kurzintervention hat sich übrigens bewährt. Bewährt heißt in dem Fall: Wird nicht so oft genutzt. Kostet nicht so viel Zeit. Gut. Ich find’s übrigens wirklich gut und bin der Meinung, dass wir dieses Instrument viel häufiger einsetzen sollten.
Fertige GO dann kurz vor der Sommerpause
Wenige Wochen vor der Sommerpause hat die Arbeitsgruppe dann ihre Arbeit erledigt. Die neue GO wurde den Fraktionen zur Verfügung gestellt. Leider haben wir das in der Fraktion nur sehr grob diskutiert. Irgendwie war mir auch nicht bewusst, dass wir wenige Wochen später gemeinsamer Antragsteller sein werden.
Ich habe am Dienstag in der Fraktionssitzung mich bereits klar dazu geäußert: Aus meiner Sicht wäre hier ein Änderungsantrag an dem gemeinsamen GO-Entwurf erforderlich gewesen. Mit den Punkten, die in der GO-Arbeitsgruppe abgelehnt wurden, die uns aber wichtig sind. Beispielhaft möchte ich Folgende benennen:
Streaming aller öffentlichen Sitzungen des Landtags.
Das Streaming aller öffentlichen Sitzungen des Landtags ist eines der Ziele der Piraten im Rahmen von Transparenzforderungen. Es mag unrealistisch sein, dass ab sofort alle Sitzungen gestreamt werden (dafür muss schließlich auch eine entsprechende Infrastruktur her), aber man hätte zumindest die Möglichkeit bekunden können. Eine Ergänzung wie “Ausschusssitzungen können auf Antrag einer Fraktion online übertragen werden” hätte vielleicht schon als erster Schritt gereicht… nur mal auf die Schnelle gedacht.
Elektronische Abstimmungen im Plenarsaal
Auch diese Forderung geht auf unsere Transparenz-Forderung zurück. Es ist politisches Ziel, dass das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten transparent gemacht wird. Projekte wie die WDR-Landtagslupe bzw. Abgeordnetenwatch zeigen, dass Nachvollziehbarkeit ein wichtiges Ziel ist. Bislang kann das individuelle Abstimmungsverhalten nur bei Namentlichen Abstimmungen dargestellt werden – das ist allerdings die Ausnahme!
Konsequenterweise sollten wir unsere eigenen Anträge immer namentlich abstimmen lassen.
Feste Regelungen über Protokollierungen
Vorweg: Die Landtagsverwaltung tut alles, um eine bestmögliche Protokollierung zu gewährleisten. Bei Plenarsitzungen funktioniert das gut. Die entsprechenden Protokolle sind am nächsten Tag verfügbar. In den Ausschüssen stellt sich die Situation allerdings anders dar. Es ist keine Besonderheit, dass auf Ausschussprotokolle mehrere Wochen zu warten ist.
Eine schnellere Protokollierung kostet Geld. Eine verbindliche Regelung in der GO wäre wünschenswert, damit die finanziellen Mittel im Haushalt dann auch bereitgestellt werden müssen.
Starre Regelungen bei Kleinen Anfragen aufheben
Wir haben Änderungen angeregt, die bisherigen starren Regelungen bewirken letztlich nur, dass viele Kettenanfragen gestellt werden. Was bringt das außer Mehrarbeit an allen Ecken und Enden?
Belebung der Fragestunde
Die Fragestunde im Landtag, die sogenannten “Witzel-Show” ist eigentlich ein sehr spannendes Instrument. Leider wird sie in der Regel derart missbraucht, dass die erlaubten drei Nachfragen durch Verteilen weiterer, kleinlichst genau ausgearbeiteter Detailfragen an Fraktionskollegen verteilt werden. Wenn dann eine halbe Stunde etwa über im Endeffekt eine Frage geredet wird, ist das keine Belebung mehr sondern langweilig. Weniger Nachfragen, mehr Hauptfragen und vor allem die verpflichtende Anwesenheit der gesamten Landesregierung könnten da einen gangbaren Weg zeichnen.
Es gab und gibt viele weitere Vorschläge, die in den Beratungsprozess eingebracht wurden. Wie oben bereits geschrieben: Konsequent wäre gewesen, dem Antrag nicht beizutreten und einen Änderungsantrag vorzulegen. Genau dieser Änderungsantrag hätte mich übrigens dazu gebracht, die GO nicht abzulehnen, sondern zuzustimmen. Warum es heute keinen Änderungsantrag oder zumindest einen Entschließungsantrag gab? Michele ist der Meinung, dass die zugesagte Fortsetzung der “Arbeitsgruppe GO” ausreichend ist. Der Beschluss vom Dienstag war aus meiner Sicht ein Anderer. Whatever. Mit dem Ding müssen wir nun erstmal leben. Die Geschäftsordnung hat Verbesserungen erfahren. Viele Punkt sind nun besser dargestellt und klarer geregelt. Viele Anhänge zur Geschäftsordnung sind nun fester Bestandteil der GO. Das ist gut … aber bei weitem nicht genug!
Mir ist klar, dass wir als kleinste Oppositionsfraktion nur selten Anträge durchbekommen. Darum geht es in erster Linie aber auch nicht. Unsere Pflicht ist aber, zumindest unsere Sichtweisen, unser Programm und unseren Politikstil in die Debatte einzubringen. Wir müssen darstellen, worum es uns geht. Warum stimmen wir einer Sache zu? Warum lehnen wir etwas ab? Wie ist unsere Meinung? Geht unsere Meinung vielleicht weiter als der angenommene Antrag? Uns muss es gelingen, diese Fragen bei jeder Debatte im Landtag zu beantworten.
Nico Kern hat vor der Abstimmung eine Erklärung zu seinem Abstimmungsverhalten abgegeben, der ich im Großen und Ganzen zustimme. Ebenso hat Michele eine Erklärung zu Protokoll gegeben, der ich auch in wesentlichen Punkten zustimme.Ich hätte mir allerdings eine Erklärung stellvertretend für meine Fraktion zu diesem Thema gewünscht. Die Schlussfolgerung aus der GO-Arbeitsgruppe wäre für mich: Es sind längst nicht alle Themen beackert, alle Wünsche ausreichend diskutiert – also war der gestrige Beschluss einfach zu früh.
Im Übrigen hat auch mein Kollege Daniel Schwerd zu diesem Thema heute gebloggt.