Was bedeutet das Aus bei den Kommunalwahlen für uns?
Welche Konsequenzen ziehen wir?
Das waren Fragen, die die Lokalredaktion der WAZ mir bezüglich der endgültigen Ablehnung unserer Kommunalwahlvorschläge stellte. Da meine Antwort offensichtlich nicht den Vorstellungen der Redaktion entsprach und seit nunmehr ca. 3 Wochen unveröffentlicht in den Schubladen liegt, könnt ihr halt nun hier lesen, was ich gerne abschließend zu diesem Thema sagen möchte:
Dass wir PIRATEN nun nicht bei den Kommunalwahlen in Oberhausen antreten dürfen, ist zweifellos bitter! Der Zeitdruck, der die entscheidenden Ablehnungsgründe verursacht hat, war selbstverschuldet und die Konsequenz werden wir nun tragen müssen. Es war mir aber auch ein Lehrstück über den Zustand unserer Demokratie – insbesondere aber der Notwendigkeit eines Gegenpols zu den verfilzten Machtstrukturen speziell hier in Oberhausen.
Die Begründungen für die Ablehnung lautet wie folgt:
– Der Wahlvorschlag für die Reserveliste wurde nicht fristgerecht eingereicht
– Ein Kandidat wurde für nicht wählbar befunden
– 7 Bezirkswahlkandidaturen wurden nicht fristgerecht eingereicht
– Die übrigen Wahlvorschläge wurden abgelehnt, da die Einhaltung demokratischer Grundsätze bei der Aufstellung nicht nachvollziehbar dokumentiert war.
Fristen verpasst? Ja! Gründe und Erklärungen gibt es viele – keine davon ändern aber die Tatsache, dass nicht alles zum Fristende formgerecht vorlag. Die daraus resultierende Ablehnung einiger Kandidaten – vor allem aber der Reserveliste – hätte gereicht, uns aus dem Rat der Stadt herauszuhalten. Der Erfolg eines Kandidaten über ein Direktmandat in den Rat einzuziehen, ist mehr als unwahrscheinlich gewesen und ohne Reserveliste hätte selbst bei hervorragenden Ergebnissen der verbliebenen fristgerecht eingereichten Kandidaten niemand nachrücken können.
Beängstigend dabei war dann allerdings das Verhalten von Wahlamtsleiter Ludwiczak, dem offensichtlich sehr daran gelegen war, mit allen Mitteln sicherzustellen, dass unsere Wahlvorschläge auch wirklich vollständig abgelehnt würden. Der Fanatismus, mit dem er weit über jedes nachvollziehbare Maß Zweifel konstruierte und dabei auch vor Lügen nicht zurückschreckte, zeigt welche Angst dahinter stecken musste, dass wir bei dieser Wahl die Pfründe seiner SPD geschmälert hätten.
Zu den Aufstellungsversammlungen wurde satzungsgemäß, fristgerecht per Email geladen.
Alle Teilnehmer, die Stimmrecht beanspruchten, wurden erst nach Überprüfung ihrer persönlichen Daten und ihres Mitgliedstatus akkreditiert. Alle Vorschriften wurden eingehalten. Die Wahlen liefen ebenfalls geordnet und unter Einhaltung aller geltenden Regeln ab. Die Ergebnisse waren deutlich mehrheitlich und sind nachvollziehbar dokumentiert worden. Über die formalen Niederschriften hinaus wurden noch Protokolle in parteiüblicher elektronischer Form zur Veröffentlichung angefertigt. Aus dem Grundsatz der möglichst barrierefreien Beteiligung an politischen Prozessen, werden hier auf Wunsch für einzelne Teilnehmer nur Pseudonyme dokumentiert.
Nachdem ich mich im Rahmen der formellen Mängelbeseitigung und unserer anschließenden Beschwerdeführung noch einmal intensivst mit den notwendigen Voraussetzungen für die Zulassung der Wahlvorschläge auseinandersetzen musste, kann ich reinen Gewissens sagen: Wir haben dem Grunde nach alles erfüllt und keiner der von Ludwiczak angeführten Zweifel ist berechtigt!
Unser Kernargument im Einspruch war der §18 (3) KWahlG:
“§ 27 KWahlO Vorprüfung der Wahlvorschläge für die Wahlbezirke durch den Wahlleiter
(1) Der Wahlleiter vermerkt auf jedem eingereichten Wahlvorschlag den Tag und die Uhrzeit des Eingangs. Er prüft unverzüglich, ob die eingegangenen Wahlvorschläge vollständig sind und den Erfordernissen des Gesetzes und dieser Verordnung entsprechen. Stellt der Wahlleiter Mängel fest, die einen gültigen Wahlvorschlag bis zum Ablauf der Einreichungsfrist nicht zustande kommen lassen (§ 15 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 3 Satz 5, § 17 Abs. 8 Satz 5 des Gesetzes), so fordert er unverzüglich auf, diese Mängel zu beseitigen. Stellt er Mängel fest, die die Gültigkeit des Wahlvorschlags bei Ablauf der Einreichungsfrist nicht berühren, so fordert er unverzüglich auf, diese Mängel bis zur Zulassung zu beseitigen.”
Ob der unterlassene Hinweis auf das fehlende Dokument zur Aufstellung der Reserveliste bei der Vorprüfung tatsächlich auch nach Ablauf der Frist eine Möglichkeit zur Nachreichung rechtfertigen würde oder nicht, sei einmal dahingestellt.
Entlarvend für die eigentlichen Absichten Ludwiczaks war in meinen Augen, dass er dreist behauptete, dass von der Aufstellung einer Reserveliste bei der Vorprüfung nie die Rede war und er somit auch nicht in der Pflicht gewesen wäre, in irgendeiner Form darauf hinzuweisen. Er war bei der Vorprüfung überhaupt nicht zugegen. Und auch aus den Unterlagen, die zu diesem Zeitpunkt vorgelegt wurden, ging die Absicht, bzw. die durchgeführte Aufstellung der Reserveliste durchaus schon hervor.
Wie er selbst vor dem Landeswahlausschuss mit süffisantem Grinsen betonte, würde hier im Zweifel Aussage gegen Aussage stehen, wobei er davon ausginge, dass Herr Kropp als langjähriger erfahrener Mitarbeiter mir mit Sicherheit eindeutige und vollständige Informationen gegeben hätte. Ich weiß aber, dass dies ganz und gar nicht der Fall war. Ich weiß, dass ich die Dokumentation der Reserveliste definitv angesprochen habe und von Herrn Kropp zu diesem Thema lediglich ausweichende und schwammige Antworten erhalten habe.
Wenn allerdings angeblich vorher nie von einer Reserveliste die Rede gewesen sein soll, ist es umso erstaunlicher, dass das Erste, was er – sofort mit dem Hinweis auf die nun inzwischen leider abgelaufene Frist – monierte, das fehlende Formular 11b war.
Zudem sind viele der von Ludwiczak nachträglich angeforderten Nachweise nicht zwingend vorgeschrieben. Man findet z.B. in einer Fußnote im Formular der Niederschrift:
“Es sollte eine Anwesenheitsliste geführt werden, aus der Vor- und Familiennamen und Wohnort sowie Staatsangehörigkeit der Teilnehmer/innen hervorgehen; gemäß §17 Abs.2 KWahlG ist nur stimmberechtigt, wer am Tage des Zusammentritts der Versammlung im Wahlgebiet wahlberechtigt ist.”
Sowohl hier, als in dem entsprechenden §27 der KWahlO
“(2) Sofern Zweifel bestehen, ob die Versammlung zur Aufstellung der Bewerber gemäß § 17 des Gesetzes ordnungsgemäß einberufen oder zusammengesetzt war, kann der Wahlleiter die erforderlichen Nachweise hierüber, insbesondere eine Liste über die Teilnehmer an der Versammlung, verlangen.”
findet sich nirgends die Erfordernis einer von den Teilnehmern unterschrieben Liste. Warum von Ludwiczak überhaupt die ordnungsgemäße Einberufung und Zusammensetzung unserer Versammlung angezweifelt wurde, ist nicht ersichtlich und mithin willkürlich. Abgesehen davon sagt eine Liste der Teilnehmer nichts darüber aus, wer als Gast, als Wahlberechtigter oder als Ausübender eines Versammlungsamtes teilnimmt und es ist zudem zweifelhaft, inwieweit die geforderten Angaben a lá “Lieschen Müller, Oberhausen, deutsch” überhaupt ausreichend sein können um die Stimmberechtigung nach §17 Abs.2 KWahlG festzustellen. Im Fall “Andreas Ronig, Oberhausen, deutsch” gäbe es allein schon zwei infrage kommende Personen, auf die diese Angaben zutreffen. Die Behauptung, dass die Einreichung einer Teilnehmerliste erst nach mehrfacher vergeblicher Aufforderung und dann auch erst nach Ablauf der Frist per Einwurf in den Postbriefkasten erfolgt wäre, ist schlicht gelogen! Die von uns schon bei der Vorprüfung um 14:00 Uhr sowie bei der endgültigen Einreichung kurz vor 18:00 Uhr des 7. April angebotenen Ausdrucke unserer Protokolle – die auch eine Auflistung der jeweiligen Teilnehmer enthielt – wurden beide Male mit der Begründung abgelehnt, dass sie wegen der fehlenden Unterschriften nicht anerkannt würden.
Während die Aussagekraft dieser Protokolle als Beleg zu unseren Gunsten allerdings bestritten wurde, zog Ludwiczak sie andererseits als Nachweis heran, um Widersprüche zu konstruieren, wo es sich bestenfalls um Flüchtigkeitsfehler handelt:
– So wurde vergessen, die verspätet eintreffende Melanie Kalkowski, die als Wahlleiterin der Veranstaltung fungierte, auch in der Teilnehmerliste nachzutragen.
– Es wurde als widersprüchlich angeführt, dass im Protokoll von “Scored Voting” und “Approval Voting” die Rede gewesen sei, in der formellen Niederschrift allerdings “absolute Mehrheit” angegeben wurde. Für die so in Zweifel gezogenen Aufstellungen der Bewerber war dies allerdings vollkommen irrelevant, da die abweichenden Wahlverfahren in der beschlossenen Geschäftsordnung lediglich alternativ für konkurrierende Wahlvorschläge vorgesehen sind. Da für die einzelnen Wahlbezirke jeweils nur ein Kandidat zur Wahl stand, wurden alle Wahlgänge durch absolute Mehrheit entschieden und entsprechend auch im Protokoll nachvollziehbar dokumentiert. Dieser angebliche Widerspruch wurde von Ludwiczak also lediglich konstruiert, indem Passagen aus dem Protokoll aus dem Kontext gerissen und uminterpretiert oder schlicht nicht verstanden wurden.
– Die Frage ob diese Wahlgänge dem Wortsinn nach gemeinsam oder einzeln abgestimmt wurden, wenn für jeden Wahlbezirk einzeln, aber auf einem gemeinsamen Wahlzettel gewählt wurde, wurde von Herrn Kropp bei der Vorprüfung mit “Wie sie gewählt haben, müssen Sie schon selbst wissen!” beantwortet. Hier handelte es sich also nicht um Unregelmäßigkeiten, die einem gültigen Wahlvorschlag im Wege stehen, sondern um Fragen, deren Klärung uns bei dem Prüftermin verweigert wurde.
Die ordnungsgemäße Einladung wurde von Ludwiczak infrage gestellt, weil die Form der Einladung als “in Textform” angegeben war. Die fristgerechte und satzungsgemäße Einladung per Email hätte sich sofort eindeutiger nachweisen lassen können, als jede postalische. Eine entsprechende Anforderung gab es allerdings nie – lediglich die Behauptung, es bestünden aufgrund der Formulierung berechtigte Zweifel.
Weiterhin wurde von Ludwiczak die Satzung der Partei angefordert. Dies ist nach §26 (5) KWahlO lediglich bei “Parteien und Wählergruppen, die in der zum Zeitpunkt der Wahlausschreibung laufenden Wahlperiode nicht ununterbrochen […]im Landtag […] vertreten sind” vorgesehen. Da die Piratenpartei im Landtag vertreten ist, trifft dies also auch nicht zu. Landesweit tritt die Piratenpartei zu Kommunalwahlen an – warum gibt es ausgerechnet in Oberhausen seitens des Wahlamtes all diese Zweifel an der Recht- und Ordnungsmäßigkeit?
Auf den Fall des angeblich nicht wählbaren Kandidaten gehe ich hier nicht näher ein, da hier zur Erläuterungen der tatsächlichen Umstände nach meinem Empfinden dessen Privatsphäre unzulässig verletzt würde. Trotzdem soviel dazu: Auch hier verdrehte Ludwiczak Tatsachen, die vom Landeswahlausschuss bei genauer Betrachtung anders hätten bewertet werden müssen.
Egal, in wie weit ich schlussendlich die Vorgänge gerichtsfest nachweisen kann, weiß ich für mich, dass Ludwiczak nicht unparteiisch und pflichtgerecht seinen Obliegenheiten gerecht wurde. Er beließ es nicht bei dem Beharren auf tatsächliche Versäumnisse unsererseits, sondern hat uns darüber hinaus bewusst und gezielt sabotiert.
Offensichtlich sollte selbst ein Achtungserfolg und eine nur “symbolische Klatsche” für die SPD in den uns verbleibenden fristgemäß besetzten Wahlbezirken verhindert werden – auch wenn diese aufgrund der fehlenden Reserveliste keine Auswirkungen auf die Ratszusammensetzung mehr gehabt hätte.
Dass auch vor dem Landeswahlausschuss – quasi mit Blick auf die Uhr – weder die unterschiedlichen Sachverhalte differenziert, noch unser Argumente überhaupt angemessen gewürdigt wurden, ist ebenfalls gut geeignet um der Politikerverdrossenheit der Bürger weiteres Futter zu geben.
Dass wir PIRATEN nun nicht bei den Kommunalwahlen in Oberhausen antreten dürfen, bedeutet allerdings nicht, dass wir uns kommunalpolitisch zurückziehen und “eine andere Spielwiese suchen”.
Die Anliegen die wir haben, sind nach wie vor aktuell. Die Positionen die wir vertreten, wollen wir auch weiterhin einbringen.
Solange parteipolitischen Interessen hier rücksichts- und skrupellos der Vorrang gegeben wird und demokratische Grundwerte dabei mit Füßen getreten werden, werden wir Piraten gebraucht! Wir engagieren uns politisch, weil wir für unsere Werte und für die Interessen der Bürger eintreten wollen und nicht um uns Posten, Titel und eine Poleposition bei der Verteilung städtischer Mittel zu verschaffen. Diese Praktiken werden wir auch außerhalb des Rates weiter anprangern. Wir wollen weiter zur politischen Meinungsbildung beitragen und Alternativen aufzeigen. Dies wird uns nun weitere 6 Jahre lang nicht aus dem Rat heraus möglich sein. Da aber viele unserer Forderungen auch bisher Eingang in die politischen Diskussionen gefunden haben, zweifle ich nicht daran, dass wir auch weiterhin Wirkung zeigen werden.
Was bedeutet das Aus bei den Kommunalwahlen für uns?
Welche Konsequenzen ziehen wir?
Das waren Fragen, die die Lokalredaktion der WAZ mir bezüglich der endgültigen Ablehnung unserer Kommunalwahlvorschläge stellte. Da meine Antwort offensichtlich nicht den Vorstellungen der Redaktion entsprach und seit nunmehr ca. 3 Wochen unveröffentlicht in den Schubladen liegt, könnt ihr halt nun hier lesen, was ich gerne abschließend zu diesem Thema sagen möchte: